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Geschichte der Stadt Netzschkau

Stadtgeschichte Netzschkau

 Netzschkau zählt zu den ältesten Niederlassungen sorbischen Ursprungs im Vogtland (1100 / 1200), wird aber erst 1351 urkundlich erwähnt. Sein Name ist slawischen Ursprungs und bildet eine Ableitung des Wortstammes necky = Mulde.

Die Stadt liegt an einem Berghang, der nach dem Limbach und der Göltzsch steil abfällt.

Caspar Metzsch setzte sich das ehrgeizige Ziel, das nur 14 Bauernhöfe sowie zwei Mühlen umfassende Dorf Netzschkau (mit ca. 110 Einwohnern), in den Rang einer Stadt zu erheben. Sicher verhalf ihm dabei seine hohe Stellung als Marschall am kurfürstlichen Hof. Es gelang ihm und seinem Bruder Jobst vom damaligen deutschen Kaiser Friedrich III. ein Stadtrechtsprivileg zu erhalten, was mit der am 20. Dezember 1491 ausgestellten Urkunde belegt ist:„aus irem dorff Netzschko ein(e) sta(d)t (zu) machen“. Kurfürst Friedrich und Herzog Johann bestätigten dieses Privileg.

Aus vielerlei Gründen blieb dieses Recht ca. 200 Jahre fast ungenutzt.

Carl Gottfried Bose (2. Sohn des Carol Bose aus 4. Ehe) erwarb 1687 von Kurfürst Johann Georg III. die Wiederbestätigung des Stadtrechts.    

Mit dem 2. Stadtrecht wurde im Ort ein ehrenamtlicher Stadtrat mit zwei Bürgermeistern wirksam. Trotzdem bleibt Netzschkau über Jahrhunderte ein unbedeutender Ort. Seine Einwohner waren in der Landwirtschaft tätig und beschäftigten sich nebenbei mit Handweberei.

Ein Umschwung vollzog sich mit dem Bau der Göltzschtalbrücke, als Netzschkau 1851 Bahnstation der Nord – Südlinie wurde und an das Eisenbahnnetz Anschluss fand, der mechanische Webstuhl im Ort Einzug hielt und die Industrialisierung einsetzte.

Der Bau der Göltzschtalstraße Netzschkau-Mylau-Greiz sicherte dies ebenfalls.

Brände in den Jahren 1850, 1887 und 1890 vernichteten vor allem im Marktbereich und Umgebung die mit Stroh und Schindeln bedeckten niedrigen Häuser. Mit dem Wiederaufbau veränderte sich das Stadtbild um den Markt wesentlich, entstanden doch moderne große Gebäude in Ziegelbauform.

Den größten und entscheidenden Aufschwung in der Stadtentwicklung brachte der Zeitraum 1860 – 1900 als Industrie, Handel und Gewerbe Hochzeit hatten. Verbunden damit war der Anstieg der Bevölkerungszahl von 3369 Bürgern im Jahre 1860 auf 7426 Bürger im Jahre 1900. Dies hatte die Neuschaffung ganzer Straßenzüge und Stadtteile, vor allem oberhalb der Bahnlinie, an der Elsterberger Straße, das „Dichterviertel“ und später die Siedlung in der Nähe der Nema und oberhalb des Schützenhauses zur Folge.

Neben Handwerks – und Gewerbebetrieben siedelten sich Struktur bestimmende  Industriebtriebe der Textil – und Metallbranche an. Bis 1914 entwickelte sich aus dem Handwerkerdorf eine der bedeutendsten Industriestädte des Vogtlandes.

Tausende Menschen fanden in Netzschkau Arbeit und siedelten sich im Ort an. Sie überstanden zwei Weltkriege, die Inflationszeit und Wirtschaftskrisen. Auch nach dem zweiten  Weltkrieg brachten sie sich beim Wiederaufbau ein und legten den Grundstein für eine sich entwickelnde Wirtschaft.

Vorrangig in Textilbetrieben wie Vogtlandstoffe, Betriebe der Metallindustrie wie Nema u. v. a. Betrieben schufen sie Erzeugnisse, die im In – und Ausland Absatz fanden und Netzschkau zu Weltruhm verhalf.

Auch die Erfolge Netzschkauer Sportler, wie Friedrich Harnisch (Ski), Gerd Bonk (Gewichtheben), Thomas Weiß (Paralympics), Hartmut Rentzsch, Karl Reißmann (Fußball), Heike Hertwig, Erich Netzsch (Turnen), Dieter Köhler, Rolf Wikowski, Alfred Keil (Ringen), Rolf Röhlig (Leichtathletik) u. a. erhöhten den Bekanntheitsgrad der Stadt entscheidend. Gleiches gilt für die Schriftsteller Hugo Hartung und Ilse Jahreis sowie die Maler und Zeichner Richard und Fritz Ehrler, Kurt Geipel, Fritz Zenner, Winfried Burkhardt, Klaus Trentzsch, Doris Hanke u. a.

Die Einführung der Marktwirtschaft ab 1989 hatte den fast vollständigen Zusammenbruch der Industrie und die Abwanderung tausender vorrangig junger Menschen zur Folge. Zahlreiche Kleinunternehmen und Dienstleistungsbetriebe, Geschäfte, Vereine gründete man neu. Dieselben tragen heute zur Aufrecherhaltung des öffentlichen Lebens bei und bieten Arbeit – und Betätigungsmöglichkeiten für die Menschen.

Ebenso führten eine  Vielzahl städtischen Baumaßnahmen, die  Renovierung und Sanierung von Häusern und Straßenzügen, einschließlich der Neugestaltung des Marktes, der Anschluss an das Abwassernetz des Abwasserzweckverbandes Reichenbach  (AZV) zu einer wesentlichen Verschönerung des Stadtbildes mit gestiegener Wohn – und Lebenskultur. Die Freiwillige Feuerwehr erhielt ein neues Depot.

In diese Zeit fällt auch die Städtepartnerschaft mit Rosbach v. d. Höhe.

2015 hat Netzschkau mit seinen Ortsteilen 4188 Einwohner.

Netzschkau ist reich an Sehenswürdigkeiten. Eine Besonderheit sächsischer Spätgotik stellt das kunsthistorisch wertvolle Schloss dar, welches als eines der ersten Wohnschlösser in Sachsen Caspar Metzsch errichten ließ.

Unter dem „Krösus des Vogtlandes“ Carol Bose erfolgte ab 1626 die innere Neugestaltung und die Erweiterung um Nord – und Ostflügel sowie Kirche. Besondere Merkmale für das Kleinod sind die Staffelgiebel und Fensterrahmungen mit reizvollen Vorhangbogen aus Sandstein, aber auch die reich verzierten Türeinfassungen, Stempelstuckdecken (älteste Formen deutschen Stucks in Sachsen), sowie ein 4,10m hoher seltener Kachelofen (1627) und ein Wappenschrank (um 1640). Weiterhin befindet sich ein großer gewölbter Bodenraum (zum Teil noch spätgotisch), ein so genannter „Fechtboden“ im Schloss. Eine Vielzahl an Konzerten, Ausstellungen, Krimi – Tage u. a. Veranstaltungen organisiert der 1998 gegründete Schlossförderverein. Seit 1999 sind im Schloss Trauungen möglich. Der Weihnachtsmarkt am 3. Advent zählt zu den Beliebtesten im Vogtland.

Ein Meisterwerk der Ingenieurbaukunst stellt die von Johann Andreas Schubert und Robert Wilke konstruierte und Ferdinand Dost  und Robert Wilke von 1846 bis 1851 erbaute Göltzschtalbrücke dar. Mit einer Länge von 574 m und 78 m Höhe sowie über 26 Mio. verbauten Ziegeln gilt sie als die größte Ziegelbrücke der Welt.

Einen weiteren touristischen Reiz bildet der 21 m hohe Kuhbergturm, welcher auf der höchsten Erhebung des nördlichen Vogtlandes, dem Kuhberg (511 m) im Jahr 1900 in einer Bauzeit von drei Monaten errichtet wurde.

Er ermöglicht u. a. herrliche Rundblicke über das Vogtland, Erzgebirge, Thüringen und bildet mit den vorgenannten Sehenswürdigkeiten Netzschkaus reizvolle und interessante Wander – und Besichtigungsmöglichkeiten.

Die Kuhbergbaude und die Kuhbergbahn laden zum Verweilen und erholen ein.

Seit 2004 bietet das von Michael Straub privat geführte Bergbaumuseum Einblicke in das Bergwerkswesen des Vogtlandes.

Über die Industriegeschichte des Ortes und die Entwicklung der Nema informiert eine

Ausstellung der Interessengemeinschaft Nema.

Netzschkau besitzt zwei hervorragende Kindergärten, das Schulzentrum für Grund –und Oberschule mit Schulhort, die moderne Sportanlage des TSV Nema, drei Sporthallen sowie das große Freibad mit einer Wasserfläche von 3640 m2.

Im Ort sind auch das Servicewohnen und Altenpflegeheim „AM Schlosspark“ und eine Dementen - Wohnstätte des Diakonievereines Reichenbach ansässig.

An sakralen Einrichtungen sind die Evangelisch – Lutherische Kirche, die Evangelisch methodistische Kirche, die Römisch Katholische Kirche St. Joseph, die Apostolische Gemeinschaft, die Landeskirchliche Gemeinschaft, sowie die Gemeinschaft für Christus  integriert.

AWO Schullandheime befinden sich auf der Schönsicht in Netzschkau sowie am Schäferstein in Limbach.   

Falk Naumann